Leider hat uns die traurige Nachricht vom Tod von Erich Mayer, Mitglied in unserem Shanty-Chor Die Seelords, erreicht.

Todesanzeige von Erich Mayer

Bei der Beerdigung hat der Pfarrer Erichs Lebenslauf vorgetragen. Leider war das sehr schlecht zu verstehen, darum hier nochmal der Text:


Erich Mayer BW smallKurz nach seinem 91. Geburtstag verstarb Erich Mayer auf dem Weg zum Singen mit den Seelords, dem Shanty Chor, der ihm auf seinem letzten Lebensabschnitt so ans Herzen gewachsen war. Mit den Freunden vom Chor sang er Seemannslieder, gern auch in Altersheimen, um anderen und sich selbst eine Freude zu machen.

Seine Reise begann vor 91 Jahren am 25. Juni 1927 in Kirchhausen, einem kleinen Dorf im schwäbischen Unterland in der Nähe von Heilbronn. Er war das älteste von vier Kindern. Geboren in eine Schneiderfamilie – sein Vater und dessen dreizehn Geschwister übten fast alle das Schneiderhandwerk aus. Die Kriegswirren erfassten natürlich auch die Mayers. Erichs Vater war schon bald im Krieg an die Front eingezogen, er unterstütze Mutter und drei jüngere Geschwister. Barfuß auf den Hipfelhof gehen, Pfennige dazu verdienen. Futter für die Hasen schneiden, das bestimmte seine Kindheit.

Erich Mayer (ca. 1944)Mit siebzehn kam er zur Marine als Soldat in Dänemark. Da rührt wohl seine Verbindung zu den Shantychor her. Nach dem Krieg ging es für Erich Mayer auf dem Land weiter. Nach einer kaufmännischen Ausbildung – er wurde nicht Schneider – führten verschiedene Stationen nach Möckmühl, ein kleines Städtchen im Jagsttal, das ist dort, wo der von Goethe uns überlieferte Götz von Berlichingen zu Hause war. Dort traf er traf seine Berthilde, die er 1955 geheiratet hat. 1963 kam der Sohn Bernd zur Welt. In dieser Zeit gründete er sein Steuerberatungsbüro, das er im Laufe der folgenden dreißig Jahre mit vollem Elan aufgebaut hat. Die Arbeit war bei ihm stets der Mittelpunkt seines Lebens – aber auf eine menschliche Art, nicht die Art eines Steuerparagraphen Anwenders. Er hat Stunden damit zugebracht nicht nur in steuerlichen, sondern in menschlichen Fragen zu beraten. Es war ein geflügeltes Wort, dass der Herr Mayer kommt zur Besprechung, und da waren die Bilanzen oft nur sekundär, da musste die ganze Familiengeschichte der Mandanten erörtert und gelöst werden.

Ausgleich vom Beruf fand Erich im Garten und beim Gesang. Seit jungen Jahren sang er im Kirchenchor im Heimatdorf, später in den Chören Möckmühls. Seine Stimmen ließ er schulen und sang häufig die Tenorsoli. Das Ännchen von Tharau oder „Lebe wohl du flandrisch Mädchen“ waren seine Hits, die auch heute noch auf CD zu hören sind. Seine helle, klare und kräftige Stimme blieb ihm bis in hohe Alter erhalten. Seit 2004 in München ansässig, sang er in Solln im Kirchenchor und später bei den Seelords.
Auch in Solln hatte er für jeden ein offenes Ohr, Zuhören, sich in den anderen hineinversetzen, war für ihn mehr als eine Kunst, es war seine Bestimmung. Wenn man über Charaktereigenschaften sprechen will, dann war bei Erich Mayer eine Eigenschaft hervorstechend – er war ein durch und durch positiver Mensch, der auch in den schwierigsten Situationen aufrecht und positiv stand – Vorbild für den Sohn und seine 5 Enkelkinder. „Das kriegen wir hin“ – das war sein Lebensmotto. Erich Mayer war bis zur letzten Stunde offen und interessiert. Welcher Neunzigjährige kommuniziert mit seinen Enkeln über WhatsApp oder gibt Steuererklärungen für Mandanten elektronisch ein? Der alte Computer war ihm zu langsam, da musste im hochbetagten Alter ein neuer her.

Auf dem Weg zum Singen sterben ist gewissermaßen ein sich schließender Kreis – so hat er sich das gewünscht – das ist ein Trost für seine Berti und seine Familie.


Harald Tiedemann 

 

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