Unter Segeln rund Kap Hoorn, das ist für jeden Segler ein absoluter Traum. Und dann auch noch auf einem Rahsegler! Dieses unverschämte Glück hatte unser Kamerad Gerhard Grubski. Hier ist sein Bericht:

Das gefürchtete Kap Hoorn

Fast jeder, auch wenn er aus Bayern kommt und jeden Tag das gute Bier aus Bremen trinkt, kennt den fotogenen Groß-Segler mit den grünen Segeln aus der Fernseh-Werbung – die schmucke Dreimast-Bark ALEXANDER VON HUMBOLDT. Zur Feier Ihrer Indienststellung vor 100 Jahren – damals noch Feuerschiff – startete die Bark am 25. September 2005 zu einer Reise nach Südamerika. Im Südwinter 2005/2006 folgte die ALEX dem Kielwassser der Tiefwassersegler des 19. Jahrhunderts und umrundete das berüchtigte, von allen Seefahrern gefürchtete Kap Hoorn.
Kamerad Gerhard Grubski war bei der Kap-Umrundung mit an Bord. Ein echter Kap-Hoornier berichtet:

Gerhard Grubski

Die Alex (fast) unter Vollzeug

 

Ende März 2005 erhielt ich von der Deutschen Stiftung Sail Training (DSST) aus Bremerhaven die Bestätigung für die Teilnahme am Törn 10106 auf der ALEXANDER VON HUMBOLDT, der vom 17.Januar bis 10. Februar 2006 von der südlichsten argentinischen Stadt Ushuaia rund Kap Hoorn nach Valparaiso in Chile führen wird. Meine Freude war riesig, dass ich auf dieser ganz besonderen Fahrt mit dabei sein konnte.


14. Januar 2006 – Das Abenteuer beginnt. Um 18:30 Uhr startet unsere Air-France-Maschine in München zum Flug über Paris nach Buenos Aires. Vier Kameraden der Windjammerfreunde München sind mit an Bord.

Am 15. Januar geht es weiter mit dem Flugzeug von Buenos Aires über Rio Gallegos nach Ushuaia. Bei der Ankunft um 20:09 Uhr Ortszeit erfahren wir, dass unser Gepäck nicht mitgekommen ist. Nach zweistündiger Wartezeit ist mit der Ankunft der nächsten Maschine das Problem gelöst und wir machen uns auf den Weg zum "Hotel Cap Polonio" am Ende der Welt.

Unsere Reiseroute

 

16. Januar 2006 - Am Morgen fahren wir mit einem Bus zum Nationalpark Terra del Fuego „Bahia Lapataia“ und erleben eine großartige Landschaft. Ushuaia war von 1902-1947 eine Sträflingsinsel. Die von den Sträflingen erbaute Schmalspurbahn „Ferrocarril Austral Fueguino“ fährt noch heute Touristen durch den Nationalpark.

Tafel: Nationalpark

17. Januar 2006 - Heute geht es an Bord der ALEX. Mit unserer Ankunft wird die abreisende Crew verabschiedet. Es folgen Sicherheitsbelehrungen, die Kammer-Zuweisung und die Einteilung der Bord-Wache. Ich erwische die so genannte „Hundewache“ (0-4 Uhr, 12-16 Uhr). Meine Unterkunft ist die Acht-Mann-Kammer Nr. 5, im Bordjargon „Pumakäfig“ genannt.
Dann geht es an die Arbeit. Der Proviant muss schnellstmöglich verstaut werden zumal leichter Regen eingesetzt hat bei einer Lufttemperatur von 15 Grad.

18. Januar 2006 – Nach kurzer Eingewöhnung an Bord heißt es um 18:45 Uhr „Leinen Los“. Auf der Pier ist zu unserer Verabschiedung eine Ehrenformation der argentinischen Marine aufmarschiert. Wir verlassen das gastliche Argentinien und gehen vor dem chilenischen Puerto Williams zwecks Einklarierung in Chile vor Anker.

Übersichtskarte vom Kap Hoorn

19. Januar 2006 - Um 2:20 Uhr wird der Anker gelichtet. Unser nächstes Ziel ist die Isla de Hornos, deren südlichste Spitze das berühmte Kap Hoorn bildet. Seegang um 4 m, Lufttemperatur 10 Grad, Wassertemperatur 9 Grad. Am späten Nachmittag um 16:30 Uhr stehen wir vor Kap Hoorn.
Natürlich nutzen wir die Möglichkeit, zu einem Besuch der Marinestation. Mit eigenen Schlauchbooten fahren wir an den Geröllstrand und erklimmen die 405 Stufen (485 m) bis zum Albatros-Denkmal, das den auf den Weltmeeren gebliebenen Seeleuten aller Nationen gewidmet worden ist. Dann besuchen wir die Station, auf der zwei Mann der argentinischen Marine ihren einsamen Dienst verrichten und mit ihren Familien – insgesamt acht Personen auch wohnen. Wir erhalten verschieden Stempel und Karten und fahren wieder zurück auf die ALEX.
Gegen 21:00 Uhr nach der Rückkehr des letzten Schlauchbootes heißt es „Anker auf“ und „Segel setzen“. Mit Windstärke 8 aus NW unter Vollverschluß (Alle Luken dicht) geht es weiter.
Nach Kap Hoorn (Pos. 55 Grad 37' Süd und 67Grad 08' West) segeln wir mit einigen seekranken Crew-Kameraden in den pazifischen Ozean (Kurs 180 Grad). In den nächsten Tagen wird ein Hochdruckgebiet erwartet mit starkem Nordwind.


Ausbooten am Kap Hoorn
Das Ehrenmal
Ausbooten vor der Isla de Hornos. Die einsame Marine-Landstation verfügt über keinen Anleger. Der Pfad mit 405 Stufen hinauf zu den Häusern ist alles andere als ein gepflegter Strandweg.
Das Kap-Hoorn Denkmal symbolisiert einen Albatros Blick von oben
Vom Strand bis zum Albatros-Denkmal geht es 485 m bergauf. Von oben hat man bei klarem
Wetter einen hervorragenden Rundblick auf das Meer und auf die Inseln am Ende der Welt.

 

20. bis 25. Januar 2006 – Auf See - Pos. 55 Grad 47' Süd, 69 Grad 35' West, Kurs 220 Grad, Wind NW 6-7 und Seegang von 2,5 m Höhe. Wir laufen mit 6 Knoten überwiegend unter Motor. Schweinswale und Albatrosse umkreisen das Schiff. Durch die hohe Dünung macht das Schiff fahrstuhlartige Bewegungen. Die Stimmung an Bord ist gut. Einige sind seekrank. Von Tag zu Tag entwickeln sich die Seebeine besser und man gewöhnt sich an die Schiffsbewegungen und auch an die Bordroutine.

Die Back - eine Plattform auf dem Vorschiff... ... auf der es zuweilen sehr naß werden kann.
Die ALEX im Seegang. "Versaufloch" nennt der Seemann zu Recht diesen Decksbereich, der im Bild rechts gerade von einem überkommenenden Brecher überspült wird. Die Netze an den Seiten heißen "Leichenfänger". Nicht nur auf den Masten und in den Rahen, sondern auch an Deck gilt die eiserne Segelschiff-Überlebens-Regel: Eine Hand für das Schiff - die andere Hand für den Mann!


Die Back - freier Blick voraus Als Ausguck auf Wache


26. bis 29. Januar 2006 – Auf See - Mit Erreichen des 50. Breitengrades Süd ist die nautische Kap-Hoorn-Umrundung vollendet. Unsere ALEX, die ja auch nicht mehr die Jüngste ist, hat sich hervorragend bewährt. Unter vollen Segeln laufen wir die patagonischen Fjorde mit auf beiden Seiten schneebedeckten Bergen, die zeitweise von tiefen Regenwolken verhüllt sind. Ein Erlebnis der besonderen Art. Das Schiff liegt jetzt wieder ruhiger, so dass sich niemand mehr in der Koje verkeilen muss. Die spektakuläre Durchfahrt „Agustura Inglesa“ können wir wegen des extrem starken Gegenstromes nur mit äußerster Motorenkraft bewältigen. Die Stimmung an Bord ist weiterhin gut. Alle sind begeistert und beeindruckt von den starken Erlebnissen der letzten Tage.

 

30. Januar 2006 - Heute ist Groß-Reinschiff angesagt. Die Decks werden gründlich geschruppt und alle Messingteile blitzen und glänzen. Um 12:00 Uhr Ankunft in Puerto Montt. Nach dem Festmachen dankt Kapitän Lamprecht allen Crew-Mitgliedern und auch Rasmus für die geglückte Ost-West-Kap-Umrundung mit einem kräftigen Schluck aus der Sherrry-Flasche.
Jedes Crew-Mitglied erhält persönlich vom Kapitän eine Urkunde.
Dann ist Landgang angesagt. Nur die Hafenwache bleib an Bord. Im Bus geht es zur Isla Chiloe. Wir fahren über den Pan-America Highway Nr. 5, der Feuerland mit Alaska verbindet. Vom Hafen Chacao geht es weiter über Achao zur Inselhauptstadt Castro, der zweitältesten Stadt Chiles. Bekanntestes Bauwerk ist die Holzkirche „Iglesia san Francisco de Castro“. Nach einer Rast in Ancud fahren wir bei herrlichem Wetter (25 Grad) vorbei an schneebedeckten Bergen zurück nach Puerto Montt. Die Rückkehr an Bord erweist sich als äußerst schwierig. Der enorme Tidenhub in Puerto Montt mit immerhin sechseinhalb Metern hat jetzt bei Ebbe unsere Gangway senkrecht gestellt.

Der Vulkan Osorno

Enormer Tidenhub: Die Gangway wird zur Leiter

Blick auf den schneebedeckten 2.652 m hohen Vulkan Osorno. Im Vordergrund der Lago Llanquihue, mit 877 qkm der größte See Chiles. Im Bild rechts unsere fast senkrechte Gangway bei Niedrigwasser. Glücklicherweise waren alle Landgänger ziemlich nüchtern, als sie bei der Rückkehr an Bord diese Situation vorfanden.

 

31. Januar 2006 - Puerto Montt. Gegen 9 Uhr starteten wir mit drei Kleinbussen über die Panamericana zum größten See Chiles, dem Lago Llanquihue (877qkm). Hier ist die chilenische Lachs-Zucht konzentriert. Chile hat Norwegen als größten Zuchtlachs-Exporteur bereits überholt. Rund um den See leben sehr viele deutsch stämmige Einwanderer. In Frutillar befindet sich eine große Ferienclubanlage mit Geschäften, einem deutschen Club und ein deutsches Museum. Alles sehr gepflegt und geprägt durch die deutschen Einwanderer. Auf dem Weg nach Puerto Contary kehren wir zu Mittag bei einem aus Deutschland stammenden Wirt ein. Bei wolkenlosem Himmel und 25 Grad Wärme bestaunten wir die schneebedeckten Vulkane Osorno (2.652 m) und Pintlagudo (2.190 m).

Kurz vor 20:00 Uhr erreichten wir wieder zurück auf der ALEX. Bereits eine Stunde später verlassen wir unter Segeln Puerto Montt und laufen den Canal Chacao in Richtung Pazifik.


Albatrosse waren unsere ständigen Begleiter - verständlich, warum die Kap Hoorniers diese stattlichen Seevögel zu ihrem Wappen-Symbol gewählt haben.

 

1. bis 5. Februar 2006 - Auf See – Seeroutine stellt sich ein. Wir segeln entlang der chilenischen Küste und erleben nahezu alle Wettersituationen. Die Stimmung an Bord und das Essen sind ausgezeichnet. Man könnte stundenlang berichten......

6. Februar 2006 - Vor Valparaiso – Nach strammen Seetagen stehen wir gegen 14:00 Uhr vor Valparaiso. An Steuerbordseite zeigt sich der berühmte chilenische Badeort Vin del Mar im strahlendem Sonnenschein. Da Wind und Wetter ideal sind, legen wir noch einen Segeltörn ein – Segeln vom Feinsten!. Um 19:00 Uhr gehen wir auf Valparaiso-Reede vor Anker. Um 20:00 Uhr laden Kapitän und Steuerleute aus Anlass der gelungenen Kap-Hoorn-Umrundung zum Captain's Dinner.

7. Februar 2006 - Valparaiso – Um 13:30 Uhr laufen wir mit Lotsen-Unterstützung in den Hafen von Valparaiso ein und machen an der Pier fest. Alle Segel werden ordentlich eingepackt. Das Schiff wird durch verstärktes Groß-Reinschiff auf Vordermann gebracht.

8. Februar 2006 - Valparaiso – Früh am morgen passiert an Backbordseite das derzeit weltgrößte Passagierschiff QUEEN MARY 2. Ohne Schlepperhilfe legt das riesige Schiff an. Noch am selben Tag gegen 18:00 Uhr wird der Ocean Liner lautstark mit den Schiffssirenen aller im Hafen anwesenden Schiffe wieder verabschiedet. Wir genießen das auch für diesen Hafen nicht alltägliche Spektakel vom besten Aussichtsplatz, dem Oberdeck unseres Schiffes.
Am Abend geht ein Großteil der ALEX-Crew an Land, zur Erkundung der Hafenstadt Valparaiso.

9. Februar 2006 - Valparaiso – Das Wetter meint es gut mit uns. Auch heute wieder wolkenloser Himmel. Ein Teil der Crew geht per Bus auf Stadtbesichtigung und besucht das Marinemuseum, die deutsche Kirche und die deutsche Schule. Zum Mittagessen ging es in den Badeort Vin del Mar. Am späten Nachmittag begleitet der deutsche Konsul Peter Fliegel einen Teil der Crew zum Abendessen mit Folklore im deutschen Verein. Gleichzeitig fand eine Bordparty mit Gästen der deutschen Botschaft auf der ALEX statt.

Valparaios - ca. 280.000 Einwohner - liegt an einer malerischen nach Norden offenen Bucht des Pazifischen Ozeans. Der Hafen zählt zu den wichtigsten Häfen Südamerikas.

10. Februar 2006 - Valparaiso – Tag des Abschieds vom Stamm und von der Crew des Törns 10106 - nach 2.563 Seemeilen, davon 61,6 Prozent unter Segel. Es hat mir viel Spaß gemacht.

Der größte Teil der Besatzung tritt den Heimweg an. Zusammen mit vier Kameraden der Münchner Windjammerfreunde wollen wir einige Tage in Chile verbringen und Quartieren uns in Vin del Mar in der "Residencia Offenbacher Hof" ein.

Am 11. Februar 2006 stehen wir beim Auslaufen der ALEX auf der Pier und verabschieden sie und die neue Crew zünftig. Ihr weiterer Weg führt vom Pazifik durch den Panama-Kanal über die Karibik zurück nach Europa. Am 11. Juni 2006 endet die große Südamerika-Jubiläumsreise in Bremerhaven.

Am 14.Februar 2006 wurden wir von Sr. Roberto Benavente Mercado – Contralmirante - Presidente Cap-Horniers de Chile ins "Caleuche" in Valparaiso eingeladen. Anlässlich der Kap- Hoorn-Umrundung mit der ALEXANDER VON HUMBOLDT auf der Ost-West-Passage werden wir in den Club der Cap Horniers aufgenommen und erhalten eine Urkunde.

'Unsere letzten Tage in Chile vergehen wie im Flug. Am 16. Februar 2006 sind wir alle wieder wohlbehalten zurück in München. Es war ein tolles, unvergessliches Abenteuer und Erlebnis mit einem Super-Schiff und einer Super-Crew.

Die von Sr. Roberto Benavente Mercado - Contralmirante - Presidente Cap-Horniers de Chile überreichte Urkunde Blick von oben aus dem Großmast

Unsere 0/4-Wache

 

STS Alexander von Humboldt

Die Stempel der Marine-Station Kap Hoorn im Reisepass
DSST - Deutsche Stiftung Sail Training Die Alex unter Vollzeug Aufnäher der Südamerika-Reise der Alex
Name, Segel- und Rufzeichen Alexander von Humboldt, TS-G 404, DFAW
Rumpf Bau-Nr. 155 Stahlrumpf als Dreiinselschiff, langes Poopdeck (Unterkünfte), mit Mittschiffsbrücke verbunden, Rah-Masten mit Mars- und Bramstengen
Rigg
geteilte Mars-, einfache Bramrahen, Royalsegel, Skysegel am Mittelmast, Besanmast mit Stenge und 2 Gaffeln
Eigner Deutsche Stiftung Sail-Training (DSST) Bremerhaven
Heimathafen
Bremerhaven (Neuer Hafen West; vorher: Sonderburg, Kiel-Holtenau, Kiel, Lübeck, Wilhelmshaven)
Abmessungen
Länge über alles 62,55 m (incl. 7,55 m Klüverbaum) - Breite 8,02 m - Tiefgang 4,88 m
Segelfläche 1.036 m2 (25 Segel: 11 Rah-, 5 Vor-, 6 Stagsegel, 2 Besane und Besantoppsegel)
Masthöhe 32,0 m über der Wasserlinie (Großmast)
Tonnage
BRZ 396
Hilfsantrieb 4-Takt-MAN-Dieselmotor, 375 kW / 510 PS, Typ R 8 V 16/18 T Bugstrahlruder 53 kW
Baujahr Stapellauf am 10. September 1906 - AG Weser, Bremerhaven
Besatzung 23 Mann Stammcrew (1 Kapitän, 3 Steuerleute, 1 Chief, 1 Maschinist, 1 Elektriker, 1 Arzt, 1 Bootsmann, 3 Toppsmatrosen, 6 Matrosen, 3 Leichtmatrosen, 2 Köche) und 35 Trainees
Wikipedia-Eintrag http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_von_Humboldt_(Schiff)
selber mitsegeln
http://www.gruene-segel.de/